Peter Kremer M.A. Geogr./Philos.

Von der Reede zum Hafen
Ein kleiner Törn durch die Geschichte des Langeooger Hafens
Von Peter Kremer und Harro Schreiber, erschienen im Langeoognews Inselmagazin 2010

 Auf der Reede hielt das Schiff etwa 2000 Schritt vom Lande. Nun kamen auf ein Signal die Wagen durch das Wasser
an das Schiff gefahren. Dieselben sind ungeheuer hoch, was – da nur die Köpfe und die Hälse der Pferde
aus dem Wasser hervorschauten – nötig ist. Sie kamen dicht heran. In der Kutsche durchs Wasser und

wir stiegen gemütlich über. Einen eigentümlichen Eindruck machte es freilich, so von Pferden
durch die rollenden Wogen gezogen zu werden. Nach einer Viertelstunde waren wir im Dorf.“
(Oskar Henke, Direktor des Gymnasiums Barmen über eine Anreise nach Langeoog 1885)

Es ist ein besonderer Moment für jeden Gast, wenn er nach vielleicht langer Anreise endlich den Hafen von Bensersiel erreicht. Es riecht nach Salz und Watt, die Luft ist erfüllt mit dem Ruf der Möwen, von irgendwo hupt grüßend ein Frachtschiff, und am Anleger herrscht buntes Treiben unter den ankommenden Gästen. Das Ziel der sommerlichen Träume, die Insel Langeoog, leuchtet den Gästen schon vom Horizont her entgegen. Nach gut 30 Minuten Überfahrt ist der Hafen von Langeoog erreicht. Am Anleger wartet bereits das Inselbähnchen.

Seit 1619 an dieser Stelle: Das Benser Siel. Rechts im Hintergrund nach Esens weisend: Das Benser Tief. (Foto: Klaus Kremer)

Ein großer Hafen für eine kleine Insel. In Verlängerung der Hafenstraße lag der Dywidag- Anleger,
den die Gemeinde von 1939 bis 1951 nutzte. (Foto: Harro Schreiber)

 Schwierige Landschaften: Hafenbau in der Marsch und auf den Inseln
Gut die Hälfte der Menschheit lebt an den Küsten der Meere. Nicht, weil es da so schön ist, sondern weil Meere von je her für den Warenverkehr von großer Bedeutung sind. Bevor die Erfindung der Dampfmaschine und die Entdeckung des Erdöls den Transport auf dem Festland erheblich erleichterten, waren Schifffahrtswege (auch auf Flüssen) nahezu konkurrenzlos. Die Lebensadern der Küstenlandschaften sind deshalb die Häfen. Sie sind zentrale Verkehrsknotenpunkte zwischen Land- und Wasserwegen. Hier werden Güter und Waren umgeschlagen, hier werden Wissen und Neuigkeiten aus der Ferne ausgetauscht, und von hier aus ging und geht man noch auf große Reise.

Auch an der Marschenküste zwischen Ems und Weser war und ist das nicht anders, auch wenn die Eigenart der Landschaft die Anlage und den Unterhalt von Häfen erschwerte. Wegen der hohen Wattflächen und der dynamischen Prielsysteme kamen am Festland nur solche Bereiche infrage, wo ein Tief, ein kleiner Wasserlauf, von der Geest durch die Marsch ins Watt entwässerte. Wo solch ein Tief auf einen Küstendeich stößt, ist ein Sieltor in den Deich eingelassen. Nur an solchen Sielen konnte man an der Marschenküste Häfen anlegen. Die Mündung bildete ein natürliches, kanalartiges Hafenbecken, das durch den steten Abfluss vom Festland nicht so schnell verschlickte. Ins Binnenland hinein bildete das Tief einen wichtigen Transportweg in Richtung der Geestrandstädte, und zur See hin einen Verbindungsweg zu den schiffbaren tieferen Prielen und Baljen.

Probleme machte den Bewohnern der Sielorte die Dynamik der Watten und Marschen dennoch. Bei schweren Sturmfluten konnten die Sielhäfen zusammen mit den umliegenden Marschen in einer neu entstehenden Bucht verloren gehen. Einer der Vorläufer des heutigen Benser Siels (angelegt 1619) war so in der Allerheiligenflut 1570 untergegangen. Siedlungsreste kann man noch heute im Wattenmeer östlich von Bensersiel finden. Wenn umgekehrt Neuland gewonnen und Polder eingedeicht wurden, fand sich mancher ehemalige Sielhafen im Binnenland wieder. Manche Ortsnamen weisen noch heute auf alte Küstenlinien hin. Altfunnixsiel bei Wittmund zum Beispiel, 1599 angelegt, liegt heute rund acht Kilometer von der Küste entfernt.

Auf den Düneninseln Ostfrieslands Häfen anzulegen, war sogar noch schwieriger. Die Nordstrände mit ihrer Brandung, den Riffen und Sandbänken kamen als Hafenstandort nicht in Frage. Und der im Windschatten der meist herrschenden Nordwestwinde gelegene Südrand der Inseln ging in hohe, praktisch unschiffbare Wattflächen über. Bestenfalls schnitt sich der eine oder andere kleine Prielarm als „Schlot“ ins Grünland ein. Zudem veränderten die Inseln ihre Gestalt noch schneller und steter als die Marschen.

Von einem „Hafen“ konnte auf Langeoog deshalb bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kaum die Rede sein. Es gab weder Anleger, noch Landungsbrücke, noch Uferbefestigungen. Ankommende Boote ankerten auf „offener Reede“. Von den im Rückseitenwatt angrenzenden Prielen („Langeooger Balje“ und „Dollart“) fuhren die Boote, soweit es der Tiefgang zuließ, auf die Wattfläche auf, ankerten dort, und die Bootsleute mussten zu Fuß oder mit kleinen Ruderbooten an den Südstrand gelangen.

Die ältesten Zeugnisse über den Langeooger Hafen
Die älteste schriftliche Kunde von einem Hafen auf Langeoog ist zugleich die älteste schriftliche Erwähnung der Insel überhaupt. In einer Bremer Urkunde aus dem Jahre 1289 ist von einem „portu dicto Ackumhe“ (lat.: „ein Hafen namens Ackumhe“) die Rede, in dem ein Harlinger Bürger von einem Bremer erschlagen worden sein soll. Obwohl die Insel nicht namentlich erwähnt wird, spricht vieles dafür, dass es sich hier um Langeoog handelt. „Ackumhe“ verweist auf eine Lage an der Accumer Ee, und das Fehlen des „Siels“ im Namen verweist auf eine Insellage. Langeoog gehörte damals zum Harlingerland, Baltrum zum Norder-land. Die genaue Lage dieses Hafens auf Langeoog (der ja wohlgemerkt nicht mehr war, als eine offene Reede) ist heute natürlich nicht mehr feststellbar, weil die damalige Gestalt der Insel mit der heutigen kaum noch vergleichbar ist. Wahrscheinlich ist, dass er sich ähnlich wie in den Jahrhunderten danach und auch heute noch, im südwestlichen Bereich der Insel, im Lee der vorherrschenden Westwinde befunden hat, unweit eines großen Priels (heute „Dollart“ und „Langeooger Balje“), der in die Accumer Ee entwässerte.

Die nächste schriftliche Kunde über den Langeooger Hafen erreicht uns aus dem Jahr 1684. In seiner „Landes-beschreibung vom Harlingerland“ schreibt Pastor Balthasar Arend aus Berdum: „Im Süden beinahe am Westerende haben die Schiffer für ihre Schiffe einen guten, sicheren Hafen, dessen sie sich bei stürmischem Wetter und bei winterlichen Tagen nützlich bedienen können.“ Weil in einem späteren Dokument von einer kanalartigen Hafeneinfahrt die Rede ist, hat zu dieser Zeit der Hafen vielleicht am Rande eines Schlots gelegen. Aber so gut und sicher, wie der Hafen war, so war er nur wenige Jahre später durch Flugsand und Verschlickung unbrauchbar geworden. 1711 hält der Esenser Amtmann von Münnicken fest, dass vor 1699, als die Insulaner wegen des Flugsandes vom Westende zum Melkhörn gezogen waren, zwischen Wiesen und Dünen der Eingang zu einem guten Hafen gelegen hätte. Nun aber seien „Kanal und Wiesenflächen ganz mit Sand angefüllt und bedeckt, […]“.

Bis 1892 ankerten die Schiffe auf offener Reede, und Gäste und Güter wurden
mit offenen Fuhrwerken an Land gebracht. (Sammlung Uplegger)

 Gästeverkehr: Neue Anforderungen an den Langeooger Hafen
Als auf Langeoog ab 1830 langsam der Fremdenverkehr einsetzte, wurde immer noch auf offener Reede geankert. Weil es für die Gäste jedoch unzumutbar war, von Bord zu springen und zu Fuß an Land zu gehen, wurden sie von hochrädrigen Fuhrwerken in Empfang genommen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der Fremdenverkehr auf Langeoog einen erheblichen Aufschwung. Dies war sowohl der Errichtung des Hospizes des Klosters Loccum zu verdanken, das den Badebetrieb in die Hand nahm, als auch den Errungenschaften der Industrialisierung Europas. Auf dem Lande verkehrten Eisenbahnen, die das Reisen beschleunigten und komfortabler machten, und auf dem Wasser setzten sich Dampfschiffe durch.

Im Sommer 1888 wartete in Bensersiel mit „Piet Hein“ zum ersten Mal ein Dampfer auf die Gäste. Die Überfahrtszeit verkürzte sich dadurch zwar erheblich, aber weil „Piet Hein“ mit seinem größeren Tiefgang nicht weit genug auf die Reede auffahren konnte, mussten die Gäste für die letzten paar hundert Meter doch wieder in ein Plattbodenschiff, die Tjalk „Curator“ umsteigen, und dann noch mal, wie früher, in die hohen Fuhrwerke. Gewonnene Zeit und Bequemlichkeit waren dahin.

1889 trat deshalb der Schaufelraddampfer „Stadt Esens“ seinen Dienst an. Er verfügte über eine spezielle Ballastvorrichtung, die es ihm erlaubte, vor der Reede seinen Tiefgang etwas zu verringern. Aber es reichte nicht. Noch immer mussten die Gäste ausgebootet werden. Den Ansprüchen eines stetig wachsenden Gästestromes war diese umständliche Prozedur in keinster Weise mehr angemessen.

1892: Das erste Hafenbauwerk, eine Landungsbrücke
1892 wurde deshalb eine Landungsbrücke von zunächst 150 Metern Länge gebaut, an der die Dampfer direkt anlegen konnten. Sie war sozusagen das erste richtige Hafenbauwerk in der Langeooger Geschichte. Aber anders als heute den Anleger, konnte man die Landungsbrücke damals nicht bis an den Strand führen, weil Tideströmung und Wellenschlag keine erhöhte Anbindung an den Strand erlaubten. Das Ausbooten per Segelschiff blieb den Gästen so zwar erspart, noch nicht aber die Kutschfahrt durchs Wasser. Hinzu kam, dass das Wattenmeer auch weiterhin schnell seine Gestalt veränderte, und so dauerte es nicht lange, bis die Landungsbrücke nicht mehr bis zur Langeooger Balje reichte. Schon 1899 musste sie zum ersten Mal verlängert werden, und bis zur letztmaligen Verlängerung im Jahr 1924 war sie auf insgesamt 300 Meter Länge angewachsen.

Die erste Landungsbrücke bedeutete einen deutlichen Komfortgewinn für die Gäste. (Sammlung Uplegger)

 Als 1935 die Länge der Landungsbrücke abermals nicht mehr ausreichte, versuchte man das Problem dadurch zu lösen, dass man eine Fahrrinne zur Langeooger Balje ausbaggerte. In diesem Zusammenhang versuchte man auch die gesamte Überfahrtsstrecke tideunabhängig auszubaggern, aber nur zwei Jahre später musste dieser Versuch aufgegeben werden. (Erst seit 1976 ist die Verbindung zwischen Bensersiel und Langeoog gänzlich tideunabhängig).

Seit 1901 verkehrte eine Pferdebahn zwischen Landungsbrücke und Dorf (Die Gleise endeten am Hospizplatz). Die Fahrt wurde dadurch zwar schneller und bequemer, gleichwohl blieb den Zugpferden der Gang durchs Wasser nicht erspart. Auch die Gleise konnte man nicht über eine erhöhte Trasse direkt auf die Landungsbrücke führen.

1937: der erste Gemeindeanleger
1936 zerstörten zwei schwere Oktoberfluten die Landungsbrücke. Die Fährschiffe konnten zwar noch am Brückenkopf festmachen, aber die Verbindung zur Pferdebahn war unterbrochen. Eile war geboten, sollte die nächste Saison reibungslos verlaufen. Die Gemeinde entschied sich zu einer Lösung, die schon in den 1920er Jahren diskutiert worden war. Die alte Landungsbrücke sollte durch einen modernen Anleger ersetzt werden, lang genug, um bis zum Strand zu reichen, und stabil genug, um eine neue, von einer Diesellok betriebene Inselbahn bis zur Anlegestelle führen zu können. Vom Brückenkopf wurde der Gleiskörper

zunächst über eine Pfahljochkonstruktion an den Strand geführt, und dann über eine Trasse aus Querschwellen bis zum Dorf. Die Strecke endete jetzt freilich nicht mehr am Hospiz (eine Diesellok in der Barkhausenstraße? Undenkbar!), sondern am Dorfeingang, wo sich auch heute noch der Bahnhof befindet.

Im Laufe der Verlängerungen der Landungsbrücke wurden auch Gleise für Gepäckloren aufgebracht.
Auf der landwärtigen Seite der Brücke (im Hintergrund) wartete
noch bis 1936 die Pferdebahn auf die Gäste. (Sammlung Schreiber)

Der neue Anleger erlaubte ab 1937 von der Anlegestelle direkt mit der Inselbahn ins Dorf zu fahren.
Rechts im Hintergrund die erstmals motorisierte Inselbahn. (Sammlung Schreiber)

 Der neue Gemeindeanleger kreuzt die Pläne der Wehrmacht
Die Arbeiten waren bereits in vollem Gange, da erschien eine Abteilung der Wehrmacht auf der Insel. Im Zuge der Aufrüstung der Luftwaffe sollte zwischen Ems und Weser ein Verbund von Militärflughäfen entstehen. 1934 war der erste dieser Flughäfen in der Nähe von Jever entstanden, Varel, Marx, Bad Zwischenahn, Wittmund, Wangerooge und Langeoog sollten folgen.

Der neue Anleger, war kaum fertig, da begannen Arbeitstrupps der Wehrmacht den gesamten Südwesten Langeoogs in einen großen Militärflughafen umzubauen. Süder- und Flinthörndünen wurden eingeebnet, und Strand, Watt und Salzwiesen auf einer Fläche von 150 Hektar fünf bis sechs Meter hoch aufgespült. Das Material wurde unter anderem mit drei Saugbaggern aus dem südöstlich angrenzenden Wattenmeer gefördert. Das dort entstehende 15 Meter tiefe Baggerloch bildete den „Grundstein“ für einen befestigten Militärhafen, der direkt westlich neben dem neuen Gemeindeanleger gebaut wurde. Als der Militärhafen 1939 mit mächtigen Molen eingefriedet werden sollte, stand der Gemeindeanleger dem Ausbau der Ostmole im Weg, und musste nach nur drei Jahren Betriebszeit wieder abgerissen werden. Stattdessen übernahm die Gemeinde die Lösch- und Transportbrücke der Firma Dyckerhoff & Wiedmann AG (deshalb später Dywidag-Anleger genannt), an der im Ostteil des neuen Hafens der Materialtransport abgewickelt wurde. 1941 schließlich wurde der neue Hafen eingeweiht.

Der Langeooger Hafen im Juli 1938: Links der neue Gemeindeanleger, in der Mitte die zukünftige Ostmole,
dahinter die Dywidag-Löschbrücke der Wehrmacht. (Quelle: 75 Jahre Schiffahrt der Inselgemeinde Langeoog, S. 19/20)

Im Vordergrund sieht man den bereits fertiggestellten Stein-Unterbau der Ost-Mole,
auf dem die Arbeiter ihre Regenbekleidung abgelegt haben. (Sammlung Schreiber)

Der heutige Anleger entsteht
Auch nach dem Krieg nutzte die Gemeinde zunächst den Dywidag- Anleger für den Fähr- und Güterverkehr, der allerdings durch Bohrmuschelfraß zunehmend morsch wurde. 1950 entschied sich die Gemeinde, den Anleger aufzugeben, und stattdessen einen komplett neuen Anleger im Westen des Hafenbeckens zu bauen. Zum Schutz gegen die Bohrmuschel setzte man ihn auf eine stählerne Unterkonstruktion. Die Gleise der Inselbahn mussten vom Dorf aus kommend nach rechts verschwenkt werden. 1951 konnte der neue Anleger in Betrieb genommen werden.

Dank Wirtschaftswunder blühte der Seebadbetrieb nicht nur wieder auf, sondern erlebte einen nie dagewesenen Gästestrom. Das Dorf wuchs, die Infrastruktur wurde ausgebaut. Auch am Hafen. Ab 1976 konnten dank der tideunabhängigen Fahrrinne ganztägig Fähren zwischen Bensersiel und Langeoog verkehren. 1978/79 erleichterte und beschleunigte der Bau der beiden hydraulischen Hubbrücken und der beiden genau darauf abgestimmten Fähren „Langeoog III“ und „IV“ das Aussteigen von Bord und das Ausladen des Gepäcks. Statt über eine schmale metallene Gangway verließen die Gäste nun bequem auf einer breiten Brücke die Fähre, und das Gepäck musste nicht mehr mit einem Kran von Bord gehoben werden, sondern konnte – in entsprechende Rollcontainer verladen – mit Elektrokarren direkt von Bord gezogen und auf die Güterwaggons der Inselbahn geschoben werden.

2008 wurde auch der Güter und Warenverkehr umgestellt. Bis dahin wurden die Güter erst in Bensersiel vom Lastwagen aufs Frachtschiff umgeladen, dann im Langeooger Hafen mittels Lastkran vom Frachtschiff auf Güterwaggons, und schließlich am Inselbahnhof auf Elektrokarren oder Pferdefuhrwerke. Heute stehen in Bensersiel für die ankommenden Waren eigens Lastwagen-Anhänger bereit, die über eine Rampe direkt an Bord der Frachtschiffe „Pionier“ oder „Onkel Otto“ manövriert werden. Im Langeooger Hafen werden die Anhänger von Elektrokarren über eine Rampe von Bord gebracht und direkt weiter ins Dorf gezogen (Langeoog Cargo).

Der Dywidag-Anleger während des Hafenausbaus. Im Hintergrund der Gemeindeanleger (Sammlung Schreiber)

Egal ob Holz oder Stahl, an einem Anleger in der salzigen Nordsee nagt unerbittlich der Zahn der Zeit. Am Anleger mussten in der Vergangenheit immer wieder Teile der Konstruktion ausgetauscht werden. Zuletzt 2007 mussten rostende Metallstützen im Unterbau verstärkt werden, 2008 und 2009 wurden einige dem Bohrmuschelfraß anheim gefallene Dalben ausgewechselt. In diesem Jahr (2010) soll mit einer Rundum-erneuerung des Anlegers begonnen werden.

Der Sportboothafen
Aber der Langeooger Hafen ist (wie die anderen Insel und Sielhäfen) nicht allein eine Wirtschaftsfläche für den Umschlag von Gütern und Gästen, sondern zugleich Teil des Fremdenverkehrsangebotes. Eine Segelschule bietet vielerlei Kurse an, hier starten die Ausflugsfahrten mit Kuttern und Plattbodenschiffen, hier wartet die Teestube auf radwandernde Ausflügler, und nicht zuletzt haben hier der Sportboothafen und der Seglerverein Langeoog ihre Heimat.

Bis ins 19. Jahrhundert diente die Schifffahrt allein Handel, Fischerei oder Kriegsführung, das Segeln als Sport oder zum Vergnügen dagegen war eine ganz neue Erscheinung, und natürlich zunächst Privileg reicher Kreise. Aber durch das Wirtschaftswunder nach dem 2. Weltkrieg wurden Segel- und Motoryachten auch für die Mittelschicht erschwinglich, und erlebten in der Folge einen regelrechten Boom.

Auf Langeoog legten 1946 zum ersten Mal Yachtensegler an. Einen Sportboothafen mit Steganlage gab es damals allerdings noch nicht. Wie die Fähren auf der offenen Reede, so lagen die Yachten abseits des Ufers an Moorringen gesichert, und waren nur mit kleinen Ruderbooten zu erreichen. 1964 bauten die Langeooger Segler aus Ölfässern und Öltanks kleine schwimmende Pontons, an denen je zwei Segelboote festmachen konnten. Zu erreichen waren die Pontons direkt vom Deich aus über eine kleine Brücke. Schon Anfang der 1950er Jahre hatten sich die Langeooger Segler in einem Verein organisiert, allerdings nicht in einem eigenen, sondern zunächst über den SV Norderney, und ab 1954 über den damals neu gegründeten SV Harlebucht. 1972 schließlich gründete sich der „SV Langeoog“ unter dem Vorsitz von Gerhold Leiß. Zwei Jahre später wurde die erste stählerne Steganlage gebaut. Die heutige Steganlage mit mehr als 200 Liegeplätzen wurde ab 1995 installiert.

Neerstrom verschlickt Hafen
Zwei mächtige Molenköpfe schützen den Langeooger Hafen vor Sturmfluten, hohem Wellenschlag und starken Strömungen. Nicht aber vor andauernder Verschlickung. Im Gegenteil: Durch die stark herabgesetzte Fließgeschwindigkeit des Tidestroms, der sich einmal kreisförmig durch das Hafenbecken bewegt (Neerstrom), setzen sich hier schneller als anderswo die mitgeführten Wattensedimente ab. Ohne regelmäßige Ausbaggerung des Hafenbeckens durch den Saugbagger „Seekrabbe“ wäre der Langeooger Hafen schon längst nicht mehr anzusteuern, und die Schiffe müssten wieder irgendwo auf offener Reede ankern.